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Arbeitskräfteüberlassung

Rezente Rechtsprechung zur Abgrenzung Arbeitskräfteüberlassung – Werkvertrag nach der Entsenderechtlinie 96/71/EG

Für ausländische Unternehmen, die in Österreich Aufträge erfüllen, ist die Abgrenzung zwischen Arbeitskräfteüberlassung und Werkvertrag wesentlich: Das Verhältnis zwischen (Werk-)Auftraggeber und (Werk-)Auftragnehmer birgt weitaus weniger gegenseitige Verpflichtungen und Verantwortung für die Dienstnehmer als eine Arbeitskräfteüberlassung.

Seit einer grundlegenden Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 18.6.2015, C-586/13, Martin Meat, und der Folgeentscheidung des österreichischen Verwaltungsgerichtshofs, VwGH 22.8.2017, Ra 2017/11/0068, sind einige grundlegende Merkmale der Abgrenzung zwischen Werkvertrag und Arbeitskräfteüberlassung klar.

Wesentlich ist beispielsweise,

  • ob die Vergütung/das Entgelt auch von der Qualität der erbrachten Leistung abhängt,
  • wer die Folgen einer nicht vertragsgemäßen Ausführung der vertraglich festgelegten Leistung trägt, ob also der für einen Werkvertrag essenzielle „gewährleistungstaugliche“ Erfolg vereinbart wurde,
  • wer die Zahl der für die Herstellung eingesetzten Arbeitnehmer bestimmt,
  • von wem die Arbeitnehmer die genauen und individuellen Weisungen für die Ausführung ihrer Tätigkeiten erhalten.

Da jedoch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs eine „Einzelfallbetrachtung“ erforderlich ist, gibt es mittlerweile umfassende Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte der Länder zu den genannten Merkmalen.

In vielen Fällen haben die Verwaltungsgerichte Straferkenntnisse gegen Unternehmen aufgehoben, weil die Finanzpolizei bzw. die Verwaltungsstrafbehörde zu Unrecht Arbeitskräfteüberlassung angenommen haben (so zB LVwG Niederösterreich, 10.12.2018, LVwG-S-523/001-2018; LVwG Tirol 5.2.2019, LVwG-2018/14/0803-1; LVwG Wien 13.6.2019, VGW-041/078/7475/201).

Aufgrund der beträchtlichen Verwaltungsstrafen und Folgewirkungen – etwa im Zusammenhang mit der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen – sollte in einem Verwaltungsstrafverfahren der von der Finanzpolizei bzw. Behörde angenommene Sachverhalt bereits frühzeitig anhand der aktuellen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte überprüft werden. So kann im besten Fall eine umgehende Einstellung oder zumindest eine erhebliche Strafreduktion bewirkt werden.

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