Schlagwortarchiv für: Verfassungsgerichtshof

Substitutionstherapie: Erfolg vor dem VfGH

Verfassungsgerichtshof hebt Streichung eines Arztes von der Liste der zur Substitutionstherapie berechtigten Ärzte wegen Verstoß gegen das Willkürverbot auf

Das verfassungsrechtliche Problem: Regulierung der Substitutionstherapie, strenge (und unklare) Dokumentationsvorschriften für Ärzte

Das neue Kalenderjahr 2024 beginnt für die Kanzlei mit einem Erfolg und erfreulichen Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs: Ein Arzt, der zur Substitutionstherapie berechtigt und in die Liste der dazu berechtigten Ärzte eingetragen war, wurde von der zuständigen Gesundheitsbehörde (Magistratsabteilung 40) von der Liste der zur Substitutionstherapie berechtigten Ärzte gestrichen. Die Gesundheitsbehörde hatte Bedenken gegen die Dokumentation und Verabreichungspraxis. Da es sich um einen heiklen und im öffentlichen Interesse stark regulierten Bereich handelt, treffen Ärzte, die zur Durchführung einer Substitutionstherapie berechtigt sind, umfassende Dokumentationspflichten, die jedoch in den anwendbaren Gesetzen (Suchtmittelgesetz, Suchtgiftverordnung etc.) nicht abschließend und präzise geregelt sind. An mehreren Stellen ist lediglich von einer „nachvollziehbaren Dokumentation“ die Rede. Aus dem Gesetz (SMG) und der Suchtmittelverordnung (SV) alleine lässt sich nicht eindeutig herleiten, wann eine Dokumentation ausreichend nachvollziehbar ist.

Die verfassunsgrechtliche Lösung: umfassende Ermittlungs- und Begründungspflicht der Gesundheitsbehörde, Rücksichtnahme auf die Umstände des Einzelfalls

Im vorliegenden Fall hat der Verfassungsgerichtshof insbesondere unser Argument aufgegriffen, dass im Zusammenhang mit der COVID19-Pandemie Maßnahmen getroffen wurden, um zu behandelnde Personen ausreichend zu therapieren, und mit Substitutionsmedikamenten zu versorgen. Der Verfassungsgerichtshof hat sich dieser Argumentation angeschlossen und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Gesundheitsbehörde (Magistratsabteilung 40) und das Verwaltungsgericht diesen Aspekt in der Entscheidung nicht ausreichend berücksichtigt haben. Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts verstoße daher gegen das aus dem Gleichheitssatz abzuleitende Willkürverbot. Das Erkenntnis vom 30.11.2023, E 1435/2023-17, wurde uns Mitte letzter Woche zugestellt.

Unsere Expertise im Verfassungsrecht für Sie

Mit dieser Entscheidung schärft unsere Kanzlei ihr Profil im Bereich des öffentlichen Rechts. Bei den anwendbaren Bestimmungen im SMG und in der Suchtmittelverordnung (SV) handelt es sich um Erwerbsausübungsvorschriften für die behandelnden Ärzte. Wir bleiben damit unserem Prinzip treu, auch sonderverwaltungsrechtliche Fälle in Randbereichen des öffentlichen Rechts mit größter Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit erfolgreich zu betreuen. Gerne arbeiten wir uns in Spezialmaterien (wie hier: SMG und SV) ein, um für unsere Mandanten wirtschaftlich wertvolle und auch rechtsstaatlich wichtige Siege zu erringen!

In diesem Sinne wünschen wir ein gutes und erfolgreiches neues Jahr 2024!

Bitte wenden Sie sich jederzeit an uns, wenn Sie öffentlich-rechtliche Fragestellungen vor Verwaltungsbehörden, Verwaltungsgerichten und letztlich dem Verwaltungs- und/oder Verfassungsgerichtshof geklärt wissen möchten!

“Die Presse”, Rechtspanorama vom 3.4.2023: Berichterstattung über zwei Fälle unserer Kanzlei

Wir freuen uns, dass “Die Presse” im letzten “Rechtspanorama” (3.4.2023) gleich über zwei anspruchsvolle und interessante Fälle aus unserer Kanzlei, noch dazu auf derselben Seite, berichtet hat.

“Schönheits-OP schlägt Schicksal” – OGH-Entscheidung zum Versicherungsrecht nach Schönheits-OP

Unter der Überschrift “Schönheits-OP schlägt Schicksal” berichtet “Die Presse” über einen interessanten versicherungsrechtlichen Fall, den unsere Kanzlei durch die Instanzen begleitet hat.

Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 25.1.2023, 7 Ob 202/22i, über Ansprüche unserer Mandantin auf Ersatz von Operationskosten für eine kosmetische Operation durch die Krankenversicherung entschieden. Die Operation war infolge einer Krebserkrankung und ‑behandlung notwendig, hatte jedoch laut Sachverständigem ihre Ursache in einer früheren kosmetischen Operation. Der Fall ist auch insofern interessant, als die Mandantin eine “alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz” iSd § 11 Abs 2 Z 4 NAG abgeschlossen hatte. Aufgrund der Auslegung eines Haftungssausschlusses lehnte die Versicherung die Deckung der Operationskosten als Folgen einer kosmetischen Operation bzw. Behandlung ab. Der OGH bestätigte in diesem Fall die Rechtsposition der Versicherung. Der Fall schafft Klarheit bei der Auslegung des Haftungsausschlusses für “kosmetische Operationen und deren Folgen”.

“Zwischen ‘Tomahawk’ und ‘Zebra’” – VfGH bestätigt unsere Rechtsposition im Namensrecht

Auf derselben Seite berichtet Mag. Kommenda über einen Erfolg unserer Kanzlei vor dem Verfassungsgerichtshof unter dem Titel “Zwischen ‘Tomahawk’ und ‘Zebra’: Recht auf Namensänderung gestärkt”.

Der Verfassungsgerichtshof hat in diesem Fall in der letzten Session entschieden (VfGH 14.3.2023, E 2363/2023).

In dieser Causa haben wir einen Mandanten erfolgreich vertreten, der einen von ihm bereits lange verwendeten Namen als seinen rechtlichen Namen annehmen wollte. Dieser Fall wurde vor allen Instanzen angefochten. Der Verwaltungsgerichtshof lehnte die Namensänderung ab. Vor dem Verfassungsgerichtshof haben wir den Wunsch unserer Mandanten auf Änderung seines Namens erfolgreich durchgesetzt. Der Verfassungsgerichtshof qualifizierte die Entscheidungen der Vorinstanzen als Eingriff in das Recht auf Privatleben (Art 8 EMRK).

Wir setzen uns gerne mit komplexen Rechtsproblemen, vorzugsweise mit Bezug zum öffentlichen Recht, Verfassungsrecht und Menschrechten, auseinander. Durch den Erfolg vor dem Verfassungsgerichtshof im Bereich des Namensrechts ist es uns gelungen, unser Profil im Zusammenhang mit der Vertretung in öffentlich-rechtlichen Causen erneut zu bestätigen.

Wir freuen über Ihre Kontaktaufnahme, wenn Sie mit einem komplexen und speziellen Rechtsproblem, allenfalls auch in einer “ausgefallenen” Rechtsmaterie wie dem Namensrecht, konfrontiert sind.

Kanzleiausflug zum Verfassungsgerichtshof

Am vergangenen Montag haben wir im Rahmen eines Kanzleiausflugs den österreichischen Verfassungsgerichtshof (Homepage, Erklärvideo) besucht.

Ungeachtet der laufenden Sommersession des Verfassungsgerichtshofes wurden wir dort sehr freundlich empfangen. Für uns und unsere Mitarbeiterinnen waren der interessante sach- und fachkundige Vortrag durch den leitenden Bibliothekar, Hon.-Prof. Mag. Dr. Josef Pauser, und der anschließende Rundgang abseits des juristischen “Tagesgeschäfts” eine hervorragende Gelegenheit, einen unmittelbaren und persönlichen Eindruck von der Geschichte, der Arbeitsweise, der repräsentativen Baulichkeit und der Bedeutung dieses Höchstgerichts zu bekommen.

Da wir im Namen und im Auftrag unserer Mandanten immer wieder Rechtsmittel an den Verfassungsgerichtshof richten, ergänzt der Vortrag unsere juristische Arbeit und wird uns bei unserer regelmäßigen Tätigkeit, die häufig auch Eingaben an den Verfassungsgerichtshof (Erkenntnisbeschwerden, Individualanträge) beinhaltet, in sehr guter Erinnerung bleiben.

Der gesellige Ausklang im nahegelegenen Hof des Schottenstifts war der gemütliche Schlusspunkt unseres Kanzleiausflugs.

Aufhebung des „Kopftuchverbots“ (§ 43a SchUG) durch den Verfassungsgerichtshof erreicht

Verfassungsgerichtshof hebt Kopftuchverbot für Volksschülerinnen auf: Erfolg vor Gericht

Am 11. Dezember 2020 hat der österreichische Verfassungsgerichtshof das sogenannte „Kopftuchverbot“ für Volksschülerinnen (6-10 Jahre) als verfassungswidrig aufgehoben. Unsere Kanzlei hatte die Ehre, drei betroffene Mädchen und deren Eltern in einem Gesetzesprüfungsverfahren erfolgreich zu vertreten. Dieses Urteil stellt einen bedeutenden Sieg für die Grundrechte in Österreich dar.

Erkenntnis: Kopftuchverbot verfassungswidrig

Das Verbot zielte speziell auf muslimische Kinder ab und umfasste andere religiöse Kleidungsvorschriften (z.B. Judentum, Sikhismus) nicht. Der Verfassungsgerichtshof entschied, dass das Verbot gegen die Glaubens- und Gewissensfreiheit sowie das Recht auf religiöse Kindererziehung verstößt. Es wurde als unzulässiger Eingriff in die Religionsfreiheit gewertet.

Der Gerichtshof stellte klar, dass der Staat keine religiösen Vorschriften einseitig verbieten kann, wenn diese nur eine bestimmte Gruppe betreffen, da dies gegen das Diskriminierungsverbot und den Gleichheitsgrundsatz verstößt. Zudem bestätigte das Urteil die zentrale Bedeutung der elterlichen Rechte in der religiösen Erziehung.

Das Urteil trat ohne Übergangsfrist in Kraft und wird als eines der bedeutendsten Entscheidungen des Jahres 2020 angesehen. Es unterstreicht die Bedeutung der Religionsfreiheit im liberalen Rechtsstaat und schränkt politische Maßnahmen ein, die gezielt bestimmte religiöse Gruppen diskriminieren.

Verkündung des Erkenntnisses

Die offizielle Verkündung des Urteils fand am 11. Dezember 2020 statt. Auf der Homepage des Verfassungsgerichtshofes finden Sie eine Zusammenfassung des Urteils sowie eine Videoaufzeichnung der mündlichen Verkündung.
Das Erkenntnis wurde auch in ausländischen Medien, wie etwa der Neuen Zürcher Zeitung, rezipiert.

Gesellschaftliche Implikationen des Erkenntnisses

Das Urteil hat weitreichende gesellschaftliche und politische Implikationen. Es zeigt, dass die österreichische Verfassung und der Verfassungsgerichtshof klare Schranken für staatliche Eingriffe setzen, die eine bestimmte religiöse Gruppe betreffen. Das Verbot wurde nicht nur aus rechtlicher Sicht aufgehoben, sondern auch als diskriminierende Maßnahme entlarvt, die der Vielfalt in der Gesellschaft und den Grundrechten widerspricht.

Durch dieses Urteil wird das Kopftuch nicht nur als religiöses Symbol, sondern als Ausdruck der individuellen Freiheit und der religiösen Vielfalt anerkannt. Es stellt sicher, dass Kinder ihre religiöse Identität im Einklang mit den Grundrechten leben können, ohne staatliche Eingriffe zu befürchten.

Rechtliche Einordnung des Erkenntnisses

Das Urteil des Verfassungsgerichtshofs stellte klar, dass die selektive Regelung im Schulunterrichtsgesetz nicht mit den verfassungsmäßigen Prinzipien von Gleichheit, Religionsfreiheit und staatlicher Neutralität vereinbar ist. Der Gerichtshof betonte, dass der Gesetzgeber bei Eingriffen in religiöse Rechte besonders sensibel vorgehen muss, um nicht bestimmte Gruppen zu benachteiligen oder auszugrenzen. Statt durch das Kopftuchverbot den Schulfrieden oder die Geschlechtergleichstellung zu fördern, drohte diese Maßnahme, muslimische Mädchen zu diskriminieren und ihren Zugang zur Bildung zu erschweren. Der Gesetzgeber wurde darauf hingewiesen, andere, verfassungskonforme Mittel zur Lösung potenzieller Konflikte zu finden.

Ihre Kanzlei für verfassungsrechtliche Fragen

Falls Sie oder Ihre Institution verfassungsrechtliche Fragen haben, sind wir gerne für Sie da. Unsere Kanzlei hat erfolgreich gegen das Kopftuchverbot vor dem Verfassungsgerichtshof gekämpft und setzt sich engagiert auch für Ihre Rechte ein.

Vereinbaren Sie noch heute einen Termin mit uns, um zu erfahren, wie wir Sie bei Ihrem Anliegen unterstützen können.