Rot-Weiß-Rot Karte, Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt für Drittstaatsangehörige: Die jüngsten Novellen bringen Erleichterungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber
Die Rot-Weiß-Rot Karte: Aufenthaltstitel und Beschäftigungsbewilligung
Die Rot-Weiß-Rot Karte ist ein attraktiver Aufenthaltstitel für qualifizierte Arbeitskräfte, die ein verbindliches Jobangebot eines österreichischen Unternehmens vorweisen können. Die Niederlassungsbehörde und das Arbeitsmarktservice prüfen die Qualifikationen anhand eines Kriterienkatalogs. Ein Antragsteller erhält bspw. Punkte für eine abgeschlossene Berufsausbildung, ein Universitätsstudium, einschlägige Berufserfahrung, Deutsch- und Englischkenntnisse. Auch das Jobangebot und der künftige Arbeitgeber müssen gewisse Kriterien erfüllen (Mindestgehalt, qualifizierte und ausbildungsadäquate Position im Unternehmen etc.).
Voraussetzung: Berufliche Qualifikation des Arbeitnehmers
Die Qualifikation der Arbeitnehmer wird nach einem Punkteschema evaluiert. Wenn ein Arbeitnehmer eine ausreichende Punktezahl nach diesem Punkteschema erlangt, kann er eine Rot-Weiß-Rot Karte (Aufenthaltstitel und Beschäftigungsbewilligung) erlangen. Voraussetzung ist ein entsprechendes Arbeitsplatzangebot eines österreichischen Arbeitgebers.
Das geltenden Punkteschema für die Verleihung einer Rot-Weiß-Rot Karte wird ausführlich unter www.migration.gv.at erklärt. Obwohl die Kriterien für die Punktevergabe klar und verständlich im Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) geregelt sind, kommt es in der Praxis immer wieder zu Auslegungsfragen. So ist beispielsweise nicht immer klar, welche Ausbildung vom Arbeitsmarktservice (AMS) als „facheinschlägig“ qualifiziert wird. Gute Vorbereitung erleichtert es der Niederlassungsbehörde und dem Arbeitsmarktservice (AMS), rasch eine Entscheidung zugunsten der Antragsteller (Fachkraft bzw. Unternehmen/zukünftiger Arbeitgeber) zu treffen.
Der Gesetzgeber hat in der jüngeren Vergangenheit immer wieder Anpassungen vorgenommen, um die Rot-Weiß-Rot Karte für Arbeitnehmer und Arbeitgeber attraktiver zu machen. So hat der Gesetzgeber mit der Novelle zum AuslBG, BGBl I 106/2022, neue, erleichterte Rahmenbedingungen für die Rot-Weiß-Rot Karte, insbesondere ein günstigeres Punkteschema für Fachkräfte in Mangelberufen, geschaffen.
Bereits zwei Novellen der Regeln betreffend die Rot-Weiß-Rot Karte allein im heurigen Jahr 2023
Die seit 21.4.2023 geltende Novelle zum Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl I 43/2022, regelt den Zugang zum Arbeitsmarkt für ukrainische Flüchtlinge, die aufgrund der Vertriebenen-Verordnung ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht in Österreich haben (siehe Vertriebenen-Verordnung, BGBl II 92/2022). Sie sieht überdies Erleichterungen im Zugang zur Rot-Weiß-Rot Karte vor. Vor allem werden in einzelnen Auswahlkriterien (zB Sprache, Berufserfahrung) mehr Punkte vergeben als bisher. Durch die Novelle will der Gesetzgeber dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Der Gesetzgeber hat die Erteilungskriterien für die Rot-Weiß-Rot Karte gelockert, um Fachkräften aus dem Ausland den Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt zu erleichtern. Über die Zielsetzungen und Beweggründe des Gesetzgebers geben die Parlamentarischen Materialien Aufschluss. Der Motivenbericht ist online auf der Website des österreichischen Parlaments abrufbar (Link) und kann beispielsweise bei Auslegungsfragen als Argumentationshilfe herangezogen werden.
Erleichterte Voraussetzungen seit April 2023: neues Punkteschema, Berücksichtigung von Englisch-, Französisch-, Spanisch-, Bosnisch-/Kroatisch-/Serbisch-Kenntnissen
Seit der letzten Novelle werden Punkte nicht nur für Deutsch- und Englischkenntnisse, sondern auch für Sprachkenntnisse in der französischen, spanischen und bosnisch-kroatisch-serbischen Sprache vergeben. Dies erleichtert den Arbeitsmarktzugang für Personen, die in diesen Sprachen Sprachzertifikate erworben oder eine Ausbildung absolviert haben.
Verfahrensrechtliche Erleichterungen seit Juli 2023
Bis zur letzten Novelle des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), BGBl I 84/2023, war für die Zulassung als Schlüsselkraft und damit die wesentliche und besondere Voraussetzung für die „Rot-Weiß-Rot Karte“ eine positive Beschlussfassung der Regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (AMS) erforderlich.
Der Verfassungsgerichtshof hat diese Regelung als rechtsstaatlich bedenklich aufgehoben (VfGH 14.12.2021, G 232/2021-14). Der Gesetzgeber musste daher die Regelung innerhalb der vom Verfassungsgerichtshof eingeräumten Frist anpassen.
Seit dieser Novelle, die am 20.7.2023 in Kraft trat, kann eine Schlüsselkraftzulassung auch erfolgen, wenn
- die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer oder als nachweislich qualifizierte Arbeitskraft in einem Mangelberuf, notwendig ist oder
- öffentliche oder überbetriebliche gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern.
Dies eröffnet sowohl den Niederlassungsbehörden als auch den Verwaltungsgerichten die Möglichkeit, im Fall einer negativen Entscheidung der Regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice einen Arbeitnehmer als Schlüsselkraft zuzulassen.
Ziel dieser Maßnahmen ist es, ein Erreichen der erforderlichen Punkte und das Verfahrensrecht zu erleichtern und so den Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt für qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber zu ermöglichen.
Die Änderungen sind für qualifizierte Fachkräfte, die sich in Österreich niederlassen möchten, ist für Drittstaatsangehörige, die in Österreich arbeiten möchten, und für österreichische Unternehmen begrüßenswert.
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