Arabische Kultusgemeinde Österreich – rechtswidriger Bescheid des Kultusamts vom Verwaltungsgericht Wien aufgehoben
In einer rechtlich anspruchsvollen staatsrechtlichen, auch medial brisanten Causa haben wir einen großen Erfolg zu berichten:
Das Verwaltungsgericht Wien hat mit Erkenntnis vom 21.4.2021 den Beschluss des Kultusamts vom 7.6.2018 aufgehoben, mit dem dieses der Arabischen Kultusgemeinde Österreich (AKÖ) die Rechtspersönlichkeit entzogen hatte.
Das Verwaltungsgericht hat ausgesprochen, dass alle formalen Voraussetzungen (Zahl der Moscheeeinrichtungen, Gläubigen) von der AKÖ erfüllt werden.
Die Feststellungen stützte das Verwaltungsgericht auf die Bestätigung der Islamischen Glaubensgemeinschaft Österreich (IGGÖ), die die formalen Voraussetzungen nach innerreligionsgemeinschaftlichen Recht geprüft und bestätigt hat.
Mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts wird ein Schlussstrich unter ein langwieriges Verfahren gesetzt.
In einer Pressekonferenz am 8.6.2018 hatten der damalige Innenminister (Kickl), der Bundeskanzler (Kurz) und der Staatssekretär für Kultusangelegenheiten (Blümel) die “Schließung” von 7 Moscheen der Arabischen Kultusgemeinde Österreich (AKÖ) als Schlag gegen den politischen Islam verkündet (Link).
Am selben Tag erließ das Kultusamt einen Bescheid zur Aufhebung der Rechtspersönlichkeit der AKÖ. Das Kultusamt begründete dies mit
- angeblich bedenklichen Predigten in einer Moschee der Arabischen Kultusgemeinde Österreich (AKÖ) und
- einer angeblich nicht ausreichenden Mitgliederzahl und Zahl an Moscheeeinrichtungen, womit die AKÖ gegen die Verfassung der IGGÖ verstoße.
In rechtsstaatlich bedenklicher Weise schloss das Kultusamt die aufschiebende Wirkung von Rechtsmitteln aus, um seiner Entscheidung sofortige Wirkung zu verleihen.
Aufgrund unserer erfolgreichen Rechtsmittel gegen den Bescheid traf das Verwaltungsgericht Wien zwei Entscheidungen:
- Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittel rechtswidrig war, weil keine “Gefahr im Verzug” herrschte (Verwaltungsgericht Wien vom 29.6.2018, VGW-101/014/7659/2018-8).
- Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass das Kultusamt die Anforderungen an ein rechtsstaatliches Verfahren gemäß Islamgesetz 2015 nicht eingehalten und der AKÖ keine Möglichkeit gegeben hatte, zu angeblichen Verstößen Stellung zu nehmen und diese zu beseitigen (Verwaltungsgericht Wien vom 11.2.2019, VGW-101/V/014/11867/2018-5).
Das Kultusamt wandte sich gegen die Sachentscheidung des Verwaltungsgerichts Wien mit einer außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof (“Amtsrevision”).
Der Verwaltungsgerichtshof verwies die Angelegenheit an das Verwaltungsgericht zurück. Dieses solle prüfen, ob die formalen Voraussetzungen für den Bestand der Kultusgemeinde (Zahl der Mitglieder und Moscheeeinrichtungen) vorliegen (VwGH 30.1.2020, Ro 2019/10/0026-5).
Am 21.4.2021 führte das Verwaltungsgericht Wien eine mündliche Verhanldung durch. In der mündlichen Verhandlung bekräftige die IGGÖ, dass die AKÖ nach neuerlicher Prüfung alle formalen Voraussetzungen für die Rechtspersönlichkeit gemäß IslamG 2015 erfüllt.
In der Verhandlung vom 21.4.2021 hob das Verwaltungsgericht den ursprünglichen Bescheid des Kultusamts, über den nun neuerlich zu entscheiden war, als rechtswidrig auf.
Die Entscheidung ist ein großer Erfolg unserer Kanzlei:
- Das Verwaltungsgericht bestätigte die Rechte im Rahmen der Autonomie und Selbstverwaltung der IGGÖ als islamische Religionsgesellschaft. Die formalen Voraussetzungen für die Rechtspersönlichkeit der Kultusgemeinde prüfte das Verwaltungsgericht alleine aufgrund der Angaben der IGGÖ über die Selbsterhaltungsfähigkeit und den Bestand der Kultusgemeinde. Eine nähere Überprüfung durch das Verwaltungsgericht oder das Kultusamt wurde nicht vorgenommen.
- Die Parteistellung der Kultusgemeinden in sie betreffenden Verfahren wurde vom Verwaltungsgerichtshof und vom Verwaltungsgericht bestätigt.
Gerne beraten wir in rechtlich anspruchsvollen und komplexen Angelegenheiten wie im Vereins- und Religionsrecht!